Enzkreis-Klinik in den Miesen, Pforzheimer Klinikum im Plus – Bekenntnis zu kommunaler Trägerschaft bei gleichzeitiger Forderung, die Entscheidungswege zu straffen.

Enzkreis/Pforzheim. Das ließ die christdemokratischen Kreispolitiker aufhorchen: Das privatisierte Helios-Klinikum Pforzheim schloss das Jahr 2021 mit einem Gewinn von 5,6 Millionen Euro ab, die Enzkreis-Kliniken (EKK) mit einem Verlust in exakt selbiger Höhe. Die CDU- Fraktion im Kreistag betreibt Ursachenforschung und fordert in einer Pressemitteilung, der Gesetzgeber müsse kommunale Träger vom einschnürenden Korsett befreien, die drei Landkreise hätten die Entscheidungswege innerhalb ihres Kliniken-Verbundes zu straffen.

„Andere Krankenhausträger wie Calw und Reutlingen schrieben 2021 ein noch schlechteres Ergebnis als die Enzkreis-Kliniken, die mit einem Defizit von 5,6 Millionen Euro aus dem laufenden Betrieb statt projektierter 4,5 Millionen Euro abschlossen“, erklärt die CDU-Kreistagsfraktion Enzkreis durch ihren Vorsitzenden Günter Bächle (Mühlacker), auch einer der beiden stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrates der EKK. Das sei aber ein schlechter Trost. Zusätzlich übernehme der Enzkreis den Kapitaldienst von 3,3 Millionen Euro aus Darlehen für Bauinvestitionen der Kliniken – bezahle also zusammen fast neun Millionen Euro für das vergangene Jahr, zu finanzieren über den Kreisetat und damit im Wesentlichen aus der von den 28 Städten und Gemeinden an den Landkreis zu tragenden Umlage.

Die CDU-Kreisräte hätten sich schon immer dazu bekannt, dass „uns unsere Kliniken etwas Wert sein müssen, wir deshalb nicht von einem Überschuss oder einer Schwarzen Null ausgehen, sondern bereit sind, auch im vertretbarem Rahmen draufzulegen“, so Fraktionsvorsitzender Günter Bächle. „Doch was ist vertretbar?“ Im Gespräch seien immer wieder ein Punkt Kreisumlage, also nach aktuellem Stand knapp drei Millionen Euro im Jahr. Diesem Ziel sei das Unternehmen 2020 mit einem Minus von 3,2 Millionen Euro schon deutlich näher gekommen. Den Hauptgrund für die Verschlechterung im Jahr darauf sehen die Verantwortlichen der Regionalen Kliniken Holding – unter derem Dach sind die drei Enzkreis-Häuser - laut Mitteilung der Fraktion in der Corona-Pandemie. Auch im zweiten Corona-Jahr seien die EKK nicht ausreichend für die erbrachten Vorhalte- und Versorgungsleistungen vom Bund vergütet worden.


Geriatrie Mühlacker

Zwar seien 2021 trotz Krise rund 20 000 Patienten in den beiden Akutkrankenhäusern Mühlacker und Neuenbürg sowie in der Geriatrischen Klinik in Mühlacker stationär und ambulant versorgt worden, trotzdem habe es beim Fehlbetrag wieder einen Ausrutscher nach oben gegeben. „Wir dürfen das Ziel nicht aus den Augen verlieren“, so Günter Bächle. Hier sei sich die Union mit anderen Fraktionen des Kreistags, aber auch mit RKH-Geschäftsführer Professor Dr. Jörg Martin einig, wie sich in den jüngsten Beratungen gezeigt habe.

Allerdings kämen kritische Rückfragen besonders aus jenen Kommunen im Enzkreis, für die aus räumlichen Gründen und traditionell Klinik-Standorte in Pforzheim, Leonberg oder in der Stadt Karlsruhe näher seien, die aber für die kommunalen Häuser in Mühlacker und Neuenbürg mit bezahlen müssten. In diesem Zusammenhang verwies das christdemokratische Kreistagsmitglied Luca Prayon, Bürgermeister von Remchingen, auf eine im Pforzheimer Gemeinderat behandelte Vorlage, wonach das zum Fresenius-Konzern gehörende Helios-Klinikum in Pforzheim 2021 einen Gewinn von 5,6 Millionen ausweist. Bächle ergänzte, auch innerhalb der Regionalen Kliniken Holding Gesundheit (RKH) mit den Kliniken der Landkreise Ludwigsburg, Enz und Karlsruhe stünden andere besser da als die RKH-Häuser im Enzkreis.

Es sei nicht das erste Mal, sondern eher schon die Regel, dass Bretten und Bruchsal schwarze Zahlen schreiben, so die CDU-Fraktion. Die Kliniken des Landkreises Karlsruhe im RKH-Verbund hätten 2021 drei Millionen Euro Überschuss erwirtschaftet. Da stecke zwar ein Einmaleffekt mit einem Grundstücksverkauf drin, aber auch schon eine rote Null täte der EKK und dem Enzkreis gut. „Was macht Karlsruhe besser?“. Er habe als Aufsichtsratsmitglied von EKK und RKH diese Frage schon mehrmals gestellt, eher mit bisher bescheidenem Erfolg, so Fraktionsvorsitzender Günter Bächle. Die beiden Häuser des Kreises Karlsruhe (Bretten und Bruchsal) würden ein gemeinsames Plankrankenhaus bilden, was als wirtschaftlicher Vorteil bezeichnet werde. „Auf meine Bitte hin wurde ein solches Konstrukt auch für die Häuser des Enzkreises untersucht, allerdings mit negativem Ergebnis.“

Die so konträren Ergebnisse 2021 veranlassten die CDU-Fraktion zu einer Anfrage an die Holding-Spitze. Axel Hechenberger, kaufmännischer Direktor der RKH, antwortete, dass die Jahresergebnisse 2021 kaum vergleichbar sind. Teilweise seien die Corona-Hilfen in voller Höhe in das Ergebnis gebucht. „ Ich halte unsere Vorgehensweise, die Aufteilung auf 2021/2022 inklusiv einer angemessenen Risikovorsorge für richtiger.“ Die Enzkreis-Kliniken, wie auch andere Häuser, die in 2019 keine hohen Fallzahlen hatten, seien in der Corona-Phase "bestraft" worden, so Hechenberger. Die Ausgleiche würden immer über den Unterschied 2019 zu 2020 beziehungsweise 2021 ermittelt.

Bedeute, wenn in 2019 schon weniger Patienten behandelt worden seien, sei der Unterschied zum Pandemie-Jahr gering, und damit der Ausgleich. Hechenberger: „Das ist natürlich nicht sachgerecht, da in den Pandemie-Jahren alle notwendigen Versorgungen erbracht wurden.“ Die Enzkreis-Kliniken würden trotz Krise und außergewöhnlichen Arbeitsbedingungen finanziell sanktioniert.


Kliniken Neuenbürg

Die Erfolgsfaktoren von bundesweit agierenden Klinikketten, wie zum Beispiel Helios, die die kommunale RKH nicht in dieser Dimension haben könne, seien nach seinem Wissensstand – so Hechenberger - Einkaufskonditionen über den Konzern, konsequente Zentralisierung bundesweit und Fremdvergabe, Umsatzsteuer-Organschaft zum Beispiel im Helios/Fresenius-Konzern und damit Zugriff auf deren Produktpalette ohne Umsatzsteuer übertreffe die Möglichkeiten der RKH bei weitem. Das betreffe zum Beispiel auch Medizintechnik. Teilweise würden Investitionen gar nicht ausgeschrieben und bewusst auf Förderung verzichtet, das sei schneller und teilweise tatsächlich günstiger. Aber die kommunalen Träger seien dazu verpflichtet.

„Wir verfolgen auch diese Erfolgsfaktoren, aber natürlich in viel geringerer Dimension. Teilweise haben wir die Option gar nicht“, so Hechenberger in seiner Antwort. Zudem seien private Klinikträger – die Gründe seien vielschichtig - meist schneller in der Entscheidungsfindung. Als Beispiel dient das alte Schwesternwohngebäude in Mühlacker. Beim Privaten wäre die Teilfläche schon entwickelt und verkauft worden, so seine rein betriebswirtschaftliche Würdigung, der Bächle ausdrücklich zustimmt. Auch bei der Realisierung des Gesundheitscampus am Krankenhaus Mühlacker gehe es ihm zu langsam. Notwendig hält der Christdemokrat bei der anstehenden Struktur- und Aufgabenreform der seit 17 Jahren bestehenden RKH, die Entscheidungswege zu verkürzen.

Gleichzeitig müsse der Gesetzgeber die rechtlichen Fesseln für kommunale Gesellschaften lockern, wenn sie wie die Kliniken im Wettbewerb stehen. Sie dürften nicht schlechter gestellt werden wie die von Konzernen. Der Christdemokrat, entschiedener Verfechter der kommunalen Trägerschaft von Kliniken: „Denn Kommune kann Krankenhaus, wenn man sie lässt.“

(Fotohinweis: RKH Gesundheit)

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