Schreiben des Fraktionsvorsitzenden an den Landrat nach der virtuellen Haushaltsklausur der CDU-Kreisräte

Lieber Herr Rosenau,

unbestritten sind die Haushaltsplanberatungen für 2021 schwierig, die Lage ein Stück wegen Corona untypisch, beim Landkreis genauso wie bei den Städten und Gemeinden. Wir sehen im Moment in den Kreisgremien keine Mehrheit für die eine oder andere Variante der Höhe des Umlagenvolumens, über die derzeit diskutiert wird. Deshalb halten wir es für angebracht, dass sich die Verwaltung bewegt und nicht nur steif und fest auf ihrem Vorschlag der Erhöhung der Kreisumlage auf 27,7 Punkte beharrt. Ihr Ziel sollte eine breite Mehrheit der demokratischen Kräfte sein.

Bei der virtuellen Fraktionssitzung am Samstag beschäftigten wir uns mit den bisherigen Beratungen des Entwurfes des Haushaltsplanes 2021. Für die CDU-Fraktion darf ich demnach Ihnen als dem Leiter der Verwaltung folgende Punkte übermitteln:

  1. Bei den Vorberatungen in den Ausschüssen für Jugendhilfe und für Soziales wurden konkrete Fragen nach den Gründen für Steigerungen teilweise in Millionenhöhe gestellt, ohne dass bis jetzt eine ausreichende Darstellung der von der Verwaltung angenommenen Ursachen erfolgt ist. In der Übersicht über die Transferleistungen im sozialen Bereich, ausgegeben am 2.11.2020, werden nur teilweise Fallzahlen genannt beziehungsweise Fallzahlen und deren Steigerung nicht begründet. So werden Fallzahlen zum Totschlagargument für die Haushaltsdiskussion.

  2. Im Jugendhilfeausschuss beantragte die Verwaltung die Fortsetzung einer bisher vom Bund geförderten Stelle für Bildungskoordination voll zulasten des Landkreises, ohne die Kosten und die bisher erledigten Aufgaben zu benennen. Bis jetzt blieb die Verwaltung die am 12. November im JHA zugesagten ergänzenden Informationen schuldig. In diesem Zusammenhang vermissen wir eine Priorisierung nach Pflicht- und Freiwilligkeitsaufgaben (Baukontrolleure, fehlt es an Stellen oder an Bewerbungen?).

  3. In diesem Zusammenhang verweisen wir darauf, dass der Kreistag steuern und nicht Einsparungen bis zu den kleinsten Beträgen suchen soll. So der Anspruch nach dem neuen Haushaltsrecht, das der Enzkreis nun seit einigen Jahren anwendet. Er gehörte gar zu den Vorreitern unter den 35 baden-württembergischen Landkreisen. Also steuern wir, setzen den Rahmen zum Beispiel bei den Personalstellen, kommen hier zu einem Abbau, überlassen der Verwaltung die Ausgestaltung. Hier bitten wir um eine Überprüfung der Stellenzahlen (siehe auch Punkt 2)

  4. Die Verwaltung beantragt Mittel für den Kauf weiterer Fahrzeuge. Wir halten es zumindest für notwendig, vorher die Alternative Leasing zu prüfen, die in früheren Jahren wiederholt als wirtschaftlichere Alternative im Vergleich zum Kauf genannt wurde. 

  5. Die Verwaltung argumentiert, sie wolle ein Mindestmaß an Liquidität vorhalten, um einen eventuellen Anstieg des Hebesatzes der Kreisumlage in 2022 und 2023 abzufedern. Ein Blick in die Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung der Liquidität ergibt aber, dass sie nicht Liquidität ab-, sondern in Höhe von 1.500.000 Euro bis 2024 aufbaut. Ein Widerspruch.

  6. Nach Angaben des Städtetages ist wegen Corona mit weiteren staatlichen Hilfen für die Krankenhäuser zu rechnen. Hier bitten wir dringend, diese Information über den Landkreistag zu prüfen.

  7. Unsere Bitte ist zudem, dass die Kreisverwaltung mit der Rechtsaufsicht den Höchstbetrag der Darlehensaufnahme klärt und deren Position zur Frage der Liquidität.

  8. Wir bitten um Darlegung, wie sich die Liquidität 2020 entwickelt.

Lieber Herr Landrat, Solidarität ist eine langfristige Entwicklung. Im vorigen Jahr hatten wir uns auf das „Einfrieren“ des Aufkommens der Kreisumlage verständigt. Haushaltstechnisch wurde ein Hebesatz errechnet, der beschlossen wurde. Aufgrund der Steigerungen bei der Steuerkraftsumme hat der Landkreis in 2020 dadurch trotz Absenkung des Hebesatzes auf 26,5 % einen Mehrertrag in Höhe von rund 5,3 Mio. € gegenüber dem Vorjahr erzielt. Damit wurden faktisch bereits mehr als die diskutierte Erhöhung von rund 3,1 Mio. € an den Kreis abgeführt. Man könnte auch sagen: 5,3 Mio. € plus 3,1 Mio. € wären rund 8,4 Mio. € mehr als 2020. 

Unbestritten sind auch die künftigen Aufgaben des Landkreises, die Geld kosten, wie Inklusion und Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs. Berücksichtigt werden muss aber auch, dass
 
- die Ausgaben der Gemeinden (Asyl, Corona, Kinderbetreuung, Schulen usw.) ebenfalls gestiegen, daher die freien Mittel nicht mehr geworden sind
 
- die Kreisumlage bzw. der Bedarf im Zeitraum von 2014-2019 durchschnittlich 70 Mio. betragen hat und jetzt auf über 80 Mio. ansteigt
 
- eine echte Aufgabenkritik von Seiten des Enzkreises nicht wirklich ersichtlich ist (siehe freiwillige Aufgaben)
 
- das alte Lied „Den Gemeinde geht es ja gut und der Kreis ist so arm“, durch Wiederholung nicht wahrer wird.

Gerade was die Arbeitsgruppe des Kreistags zur Inklusion angeht, so bitten wir dringend, bei allen vorgeschlagenen Lösungen auch eine Spalte "finanzielle Auswirkungen" anzufügen und jeweils eine Gesamtschau zu ermöglichen. Die CDU-Fraktion arbeitet gerne in der Arbeitsgruppe mit, hält Teilhabe für eine große Aufgabe, muss dies aber in den Kontext zur Position der Kreisverwaltung zum Haushaltsplan 2021 stellen. Wobei wir alle wissen, dass es wegen Corona eine eher untypische Entwicklung ist. Um so leichter müsste es der Kreisverwaltung fallen, ein höheres Maß an Solidarität mit den 28 Städten und Gemeinden an den Tag zu legen.

Wir haben also gute Gründe, am bisherigen Hebesatz festzuhalten. Hilfsweise legten wir in der Fraktion eine rote Linie für weitere Gespräche fest. Hier erwarten wir Signale von Ihnen.

Freundliche Grüße
Günter Bächle
Fraktionsvorsitzender

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