VPE-Geschäftsführer antwortet CDU-Kreistagsfraktion Enzkreis: Billigere Tarife mit landes- oder bundesweiter Gültigkeit werden zum größten „Rohrkrepierer“, wenn nicht gleichzeitig das Fahrplanangebot erheblich ausgeweitet wird – „Staatsticket“:

„Das Ganze entwickelt sich zu einem Schnellschuss ohne bisherige Klärung der weitreichenden Folgen.“ So kommentiert der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Pforzheim/Enzkreis (VPE), Axel Hofsäß, die Pläne des Bundes für ein einheitliches 49-Euro-Ticket im Nahverkehr. Auf eine Anfrage der CDU-Fraktion im Kreistag spart Hofsäß nicht mit Kritik, weil zahlreiche Fragen ungeklärt seien.

Anlass war ein Schreiben des Vorsitzenden der CDU-Kreistagsfraktion im Enzkreis, Günter Bächle (Mühlacker), ob der VPE dem Beispiel des Karlsruher Verkehrsverbundes (KVV) folgen werde, an seine Abo-Kund*innen zu appellieren, ihre bestehenden Abonnements vorerst nicht zu kündigen. Sobald die Details zum Vertrieb des 49-Euro-Tickets feststünden, werde der KVV auf seine Kunden zukommen und weitere Informationen bereitstellen.

„Was wissen wir?“ Diese Frage wirft Hofsäß in seiner Antwort an Bächle selbst auf. „Der Bund möchte das Ticket zum 1. Januar 2023 umsetzen. Es soll nur digital vertrieben werden. Das halten wir und auch meine Kollegen für zeitlich irrational.“ Das Ticket solle eine Dauereinrichtung geben. Gesetzlich werde es wohl für die ersten zwei bis drei Jahre aufgrund einer Förderrichtlinie eingeführt. Danach solle es zu einem Gesetz werden. Solange die Förderrichtlinie gelten werden, würden die Verluste auf dem Einnahmenstand von 2019 an die Aufgabenträger ausgeglichen. Danach solle es eine deutschlandweite Einnahmenaufteilung geben. Details seien völlig unbekannt.

Das Problem sieht der VPE-Geschäftsführer vor allem im digitalen Vertrieb. „Das wäre in der Kürze der Zeit nur über den DB Navigator möglich, das bedeutet, dass wir unsere Kunden samt Fahrgelderlöse erstmals an die DB verlieren“, zitiert die CDU-Kreistagsfraktion in einer Mitteilung aus der Antwort von Hofsäß. „Wie und wann dann unsere Unternehmen zu Ihren Einnahmen kommen, ist ungeklärt.“ Die Tücke dabei sei, dass nur ein digitaler Vertriebsweg von irgendeinem Verbund oder Unternehmen in Deutschland genüge, um die Kunden zu verlieren.

Die VPE-Verbundtarife würden vorerst bestehen bleiben, denn der VPE habe auch Tarife, die günstiger seien als das 49 € Ticket. So würden auch seine Kollegen in den anderen Verbünden planen. Allerdings würden die Verbünde die Tarifhoheit und damit über die große Mehrheit Ihrer Einnahmen verlieren. Im März 2023 komme ja zusätzlich auch das Jugendticket Baden-Württemberg für 365 Euro. Insbesondere die Tariffortschreibung sei eine wichtige Frage, damit die Verbundfinanzierung gewährleistet bleibe.

Billigere Tarife mit landesweiter oder bundesweiter Gültigkeit seien, so Hofsäß weiter, für die Fahrgäste sicherlich positive Signale. Allerding werde dies zum größten „Rohrkrepierer“, wenn nicht gleichzeitig das Fahrplanangebot erheblich ausgeweitet werde. Forderung der Verbände von Verkehrsverbünden und Busunternehmen - VDV und WBO - sei, dass ein 49-Euro-Ticket in Verbindung mit mehr Geld des Lands und vom Bund, somit die Erhöhung der Regionalisierungsmittel, für die Verkehrsleistungen einhergehen müsse.

In seiner Anfrage schreibt der CDU-Fraktionsvorsitzende von einem „Staatsticket“. Sollte dieses eine Dauereinrichtung werden, stelle sich die Frage, ob die Tarife der Verbünde hinfällig werden. „Mit welcher Rechtsgrundlage werde das Tarifsetzungsrecht der Aufgabenträger des ÖPNV praktisch aufgehoben?“ Auch nach der Antwort des VPE-Geschäftsführers befürchtet die Union, dass der Nahverkehr der Verlierer sein werde, wenn Bund und Land nicht rasch und verbindlich erklären, mit welchen Zuschüssen die Stadt- und Landkreise in naher Zukunft als Träger des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) garantiert rechnen können. Schon durch das vom Bund beschlossene, aber auf drei Monate befristete 9-Euro-Ticket seien die Tarife der Verkehrsverbünde praktisch außer Kraft gesetzt und damit in die Autonomie der kommunalen Aufgabenträger eingegriffen, der derzeitigen Diskussion um den Neuzuschnitt der Verbünde zwischen Karlsruhe und Stuttgart zeitweise der Boden entzogen worden.

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