Auf jeden Fall sollen alle Varianten einschließlich eines reformierten VPE vor einer Entscheidung des Enz-Kreistags und des Gemeinderates Pforzheim untersucht wird: Was ist zukunftstauglich?

Pforzheim/Mühlacker. Nicht nur eine kleine Reformlösung wie der Erhalt des Verkehrsverbundes Pforzheim/Enzkreis (VPE) oder dessen Fusion mit dem Karlsruher Verbund (KVV) müsse untersucht werden, sondern auch ein richtig großer Wurf: Die CDU-Fraktion im Kreistag des Enzkreises brachte jetzt einen "Nordschwarzwald-Rhein-Verbund" in die Debatte ein über die künftigen Verbundgrenzen. Das wäre ein Zusammenschluss zwischen VPE, Tarifgemeinschaft Ortenau (TGO), Verkehrsgemeinschaft Kreis Freudenstadt (vgf) und Kreis Calw (VGC) sowie dem KVV.

„Wir wollen die Diskussion um die Verbundreform damit befeuern“, sagte Fraktionsvorsitzender Günter Bächle (Mühlacker), der zusammen mit dem Sprecher der Fraktion im Umwelt- und Verkehrsausschuss (UVA), Kurt Ebel (Remchingen) den vierseitigen Antrag ausgearbeitet und ihn gestern der Öffentlichkeit vorgelegt hat. Die CDU greife damit Überlegungen auf von Matthias Lieb (Mühlacker), die er als Landesvorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) und ehrenamtlicher Vorsitzender des Fahrgastbeirats beim Verkehrsministerium Baden-Württemberg im Herbst dem Verkehrsausschuss des Regionalverbandes Nordschwarzwald in Altensteig vorgetragen habe.

Dieser Antrag werde nicht nur von der CDU-Fraktion im Kreistag des Enzkreises getragen, sondern auch von der Union im Gemeinderat der Stadt Pforzheim. Deren Vorsitzende und Stadträtin Dr. Marianne Engesser kündigte an, einen ähnlichen, auf die Stadt Pforzheim zugeschnittenen Antrag im Rathaus einzubringen. Die Kommunalpolitiker aus Stadt und Kreis begrüßen die seit einigen Jahren landesweit, regional und lokal geführten Diskussionen über die Zukunft kleinerer Verkehrs- und Tarifverbünde und ihre Leistungsfähigkeit. Dass führende Mitarbeiter des VPE in spätestens zwei Jahren in den Ruhestand wechseln, erleichtere Veränderungen.

Der Klimaschutz erfordere die generelle Stärkung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Ziel sei für die christdemokratischen Kreisräte die Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030 gegenüber den Zahlen vor Ausbruch der Pandemie sowie der Ausgleich des Rückgangs der Fahrgastzahlen während der Pandemie. Wichtige Entscheidungen stünden an zum Beispiel über den Enzkreis-Takt (15-/20-Minuten-Takt) sowie die dringend notwendige Machbarkeitsstudie für die von den Christdemokarten beantragte Stadtbahn westlicher Enzkreis/Pforzheim/ Heckengäu und für die Zabergäubahn. „Wichtig ist unserer Fraktion, dass bei dieser Bestandsaufnahme möglichst viele Varianten untersucht und die Ergebnisse bis zum geplanten Grundsatzbeschluss des Kreistags zur künftigen Verbundstruktur vorgelegt werden“, betonte Kurt Ebel.

Ergebnisoffen müsse die Diskussion über die neue Struktur der Verkehrsverbünde zwischen Karlsruhe und Stuttgart geführt werden. Dabei seien alle Varianten zu prüfen: Fortbestand des Verkehrsverbundes Pforzheim/Enzkreis (VPE) in der jetzigen oder neuen und gestärkten Form genauso wie andere Lösungen, so Fusion und/oder Kooperation mit anderen Verbünden.

Entscheidend für Fortschritte, die die Fahrgäste spüren, seien der möglichst vollständige Abbau der Tarifhürden zwischen den Verbünden. Bächle: „Das ist für Fahrgäste wichtiger als die organisatorische Neuordnung der Struktur, können deshalb die Entscheidungen darüber erleichtern.“ Deshalb seien bei den weiteren Beratungen genaue Berechnungen vorzulegen, wie sich durch Änderung der Verbundgrenzen die Tarifhürden verschieben oder aber beseitigt werden.

Mit der Einführung eines größeren Verbundes wären auch Übergangsregelungen zu den Nachbarverbünden neu einzuführen. Bächle schwebt möglichst großzügige Überlappungsbereiche vor, „in denen dann der Tarif gilt, in dessen Gebiet man fährt.“ Allerdings sei inzwischen zur Vereinheitlichung der Übergangsregeln der Baden-Württemberg-Tarif eingeführt, der einheitlich für Fahrten über die Verbundgrenze gelte. Damit kostet nach Angaben des VCD zum Beispiel eine Fahrt Illingen - Sersheim 1,70€, eine VPE-Fahrkarte Illingen - Vaihingen/Enz 2,30€.

Dieser BW-Tarif wäre im "kleinen Grenzverkehr" noch, zum Beispiel Tageskarten, zu erweitern, schreibt die CDU-Kreistagsfraktion in dem Antrag. Zudem sollten zukünftig Sport- und Kulturveranstaltungen nicht nur innerhalb des Gebiets des Verkehrs- und Tarifverbundes Stuttgart (VVS) die An- und Abreise beinhalten, sondern sollte auch mittels des BW-Tarifs über das VVS-Gebiet hinaus möglich sein.

Bei der Bildung größerer Strukturen geht es auch um die notwendige (personelle) Leistungsfähigkeit, ist die CDU überzeugt. „Die Ansprüche der Fahrgäste an Auskunftssysteme, Anschluss-Sicherung, On-Demand-Angebote steigen“, so Günter Bächle. Bei der Digitalisierung von ÖV-Angeboten (digitale Tarifangebote, zum Beispiel Homezone des KVV oder On-Demand-Systeme) seien größere, einheitliche Strukturen ebenfalls sinnvoll, um dies effizient umzusetzen. Auch für die Überprüfung von vereinbarten Qualitätskriterien bei den Verkehrsunternehmen würden Strukturen benötigt, die derzeit beim VPE und den Aufgabenträgern Enzkreis und Stadt Pforzheim nicht in ausreichendem Umfang vorhanden seien

Deshalb will die Fraktion, sagte Ebel, auch aufgezeigt haben, welche Investitionen in Technik und Personal in diesem Fall in den nächsten Jahren beim VPE anfallen würden. Untersucht werden müsse nicht nur die Fusion zweier Verbünde (etwa VPE und KVV), sondern auch größere Lösungen. Denkbar sei es, diese Reform in mehreren Schritten umzusetzen, wenn dadurch große und leistungsfähige Verbünde entstehen.

Generelles Ziel des Landes sei die Bildung von ausreichend großen Verbünden in ganz Baden-Württemberg. Der VRN (Rhein/Neckar) gehe über drei Bundesländer und sei schon ausreichend groß (vor Corona: 300 Millionen Fahrgäste). Der KVV mit bisher 170 Millionen Fahrgästen käme zusammen mit VPE, TGO und Verkehrsgemeinschaft Kreis Freudenstadt (vgf) auf rund 250 Millionen Fahrgäste pro Jahr. Gleichzeitig sind, so die Forderung der Union, die finanziellen Auswirkungen von Varianten auf die Stadt- und Landkreise zu berechnen und mit dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg dessen monetäre Beteiligung (höherer Zuschuss aus dem Anreiz-Topf) zu klären, die so großzügig sein müsse wie für den VVS.

Info-Kasten:

Unionsvertreter aus Enzkreis und Pforzheim verständigten sich vor dem Hintergrund der Erfahrung bei der Überprüfung der Zukunftsfähigkeit des als kleiner geltenden Verkehrsverbundes Pforzheim/Enzkreis (VPE) auf folgende Eckpfeiler:

 Die Untersuchungen müssen ergebnisoffen geführt werden
 Die CDU-Fraktionen legen eine eigene Variante vor
 Keine Entscheidungen von Kreistag und Gemeinderat der Stadt unter Zeitdruck
 Wir wollen möglichst gleich eine große Lösung
 Gesellschafter sollten nur die Aufgabenträger sein
 Übersichtliche Tarifstruktur
 Abbau der Tarifhürden zu den dann „neuen“ Nachbarverbünden
 Externe fachliche Begleitung des Enzkreises während des Verfahrens
 Stadt Pforzheim und Enzkreis müssen ihre jeweilige Interessenlage selbst definieren
 Reform verkraftbar und in Schritten, wenn es notwendig ist
 Begleitung der Beratungen durch die Öffentlichkeit.

Daraus entwickelt ist der vorstehende Antrag der Kreistagsfraktion gemeinsam mit der CDU-Fraktion im Gemeinderat der Stadt Pforzheim. Letztere wird einen weitgehend gleichen Antrag zum Thema in den Gemeinderat von Pforzheim einbringen.

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